Ende März dieses Jahres machte in Taiwan der Grundschullehrer Park Lee mit seiner fünften Klasse einen kleinen Ausflug ans Meer im Nordosten des Landes. Jedoch nicht, um Sonne und Aussicht zu genießen, sondern um etwas für die Umwelt zu tun und den Strand von Treibgut zu säubern. Einer von Parks Schülern machte dabei eine bemerkenswerte Entdeckung.
Der Fünftklässler hatte etwas vom Boden aufgelesen, das zunächst wie ein Stein aussah, sich jedoch als Kameragehäuse entpuppte. Es schien sehr lange im Meer getrieben zu sein, denn es war fast vollständig von allerhand Schalentieren bewachsen.
Zur Überraschung aller befand sich im Gehäuse eine Digitalkamera, die noch voll funktionstüchtig war. Selbst der Akku war nicht leer. Ein Kopfdruck genügte, um die Kamera einzuschalten. Nach einer kleinen Beratung darüber, was zu tun sei, trafen Lehrer wie Schüler eine Entscheidung.
„Einige Kinder meinten, dass die Kamera nun uns gehören würde, weil wir sie gefunden hatten. Sie wollten sie behalten. Andere schlugen vor, dass wir den Eigentümer ausfindig machen sollten. Wir entschieden uns für Letzteres und überlegten, wie wir das anstellen können“, sagte Park.
Um herauszufinden, wem die Kamera gehörte, sahen sie sich deshalb die gespeicherten Fotos an. Viele Bilder wurden unzweifelhaft in Japan geschossen, weshalb der Eigentümer höchstwahrscheinlich Japaner war. Das letzte Bild war September 2015 unter Wasser geknipst worden:
Um die Suche zu beschleunigen, teilte Park einige der Bilder der Kamera auf Facebook und fügte einen chinesischen und japanischen Kommentar hinzu. Genauso erstaunlich wie der Fund an sich war die Geschwindigkeit, mit der sich der Post verbreitete.
Innerhalb von nur wenigen Stunden sah die Eigentümerin der Kamera den Facebookbeitrag. Es war die japanische Studentin Serina Tsubakihara. Es stellte sich heraus, dass die 21-Jährige im September 2015 mit Freunden auf Ishigaki-jima, einer südjapanischen Insel, Urlaub gemacht hatte. Sie hatten getaucht und als einem ihrer Freunde der Sauerstoff ausgegangen war, hatte Serina in der Notsituation ihre Kamera verloren – das gute Stück war demnach zweieinhalb Jahre im Meer unterwegs, bis es an den Strand von Taiwan gespült wurde!
Die junge Studentin kann es noch immer kaum fassen: „Ich bin so glücklich und froh, dass ich erleben darf, wie liebenswürdig die Menschen doch sein können. Diese Bilder wecken alte Erinnerungen in mir. Ich hätte nie geglaubt, dass so etwas möglich ist. Ich möchte jedem Einzelnen danken, der an der Rettung meiner Kamera beteiligt war.“
Serina plant nun eine Reise nach Taiwan, um Park und seine Schüler persönlich kennenzulernen. Und natürlich auch, um ihre verlorene Kamera zurückzuholen. Dank des Internets und der Hilfsbereitschaft vieler Menschen wurde dieses kleine Wunder möglich.